Für die digitale Medizin der Zukunft sind Daten ein wertvoller Rohstoff. Um ihn zum Wohl der Patientinnen und Patienten effizient nutzen zu können, bedarf es zunächst einer digitalen Raffinerie: Über die Grenzen von Institutionen und Disziplinen hinweg müssen Daten harmonisiert, standortübergreifend in computerlesbare Informationen verwandelt und über sichere Infrastrukturen miteinander vernetzt werden. Erst dann können Forschende, Ärztinnen und Ärzte mit intelligenten IT-Lösungen in den Datenschätzen neue Ansatzpunkte für genauere Diagnosen und personalisierte Therapien aufspüren.
Vertrauen für digitale Innovationen schaffen
Die Herausforderungen der datengetriebenen Forschung sind jedoch nicht nur technischer Natur. Gesundheitsdaten sind sensibel, Datenschutz und -sicherheit sind von herausragender Bedeutung. Um den digitalen Innovationen zu vertrauen, müssen die Bürgerinnen und Bürger deren Nutzen erkennen und souverän mitbestimmen können, wer ihre Daten zu welchem Zweck nutzen darf. Zudem gilt es, wichtige ethische und rechtliche Rahmenbedingungen datengestützter Verfahren in der Medizin zu klären, auch hinsichtlich des Einsatzes von KI.
Um digitale Daten für die Gesundheitsforschung noch besser verfügbar und nutzbar zu machen, hat das Forum Gesundheitsforschung ein Strategiepapier mit sechs konkreten Empfehlungen erarbeitet. Die im Forum Gesundheitsforschung vertretenen Akteure haben sich dazu verpflichtet, die in ihrer Zuständigkeit liegenden Empfehlungen umzusetzen.
1. Initiativen für bessere Datenzugänge weiterentwickeln und bündeln
Es gibt bereits verschieden Lösungen und Infrastrukturen für KI- und datengetriebene Gesundheitsforschung. Sie sollen aufeinander abgestimmt und gegebenenfalls zusammengeführt werden, so das Daten aus allen Bereichen der biomedizinischen Forschung und der klinischen Versorgung enthalten sind und ausgetauscht werden können.
2. Technische Lösungen zu Datenverknüpfung, Datensicherheit und Data Privacy entwickeln
Computer und KI sind unschlagbar, wenn es darum geht, komplexe Datenmengen in kurzer Zeit zuverlässig zu analysieren. Das Forum empfiehlt, konkrete Anwendungsfälle aus der Gesundheitsforschung regelmäßig zu evaluieren. Zugleich sollten interdisziplinär ausgerichtete Projekte neue Konzepte und Standards für die datenintensive Forschung im Rahmen des Datenschutzes entwickeln.
3. Verfügbarkeit und Qualität von Gesundheitsdaten verbessern
Ärzte und Pfleger sollen künftig zur Generierung digitaler Daten beitragen und diese selber nutzen können, um die Versorgungsqualität weiter zu verbessern. Neben den dafür erforderlichen Technologien sind auch gezielte Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote sowie Schulungen zu entwickeln und bereitzustellen. Entsprechende Module sollten auch die Clinician- und Medical-Scientists-Programme ergänzen. Zudem empfiehlt das Forum, künftig ausgebildete Data Scientists in der Versorgung einzusetzen.
4. Die Kultur des Datenteilens fördern
Der Zugang zu Daten scheitert oft auch an dem Willen zum Datenteilen. Gezielte Maßnahmen sollten Forschern zeitnah stärkere Anreize geben, Daten zu teilen. Mittelfristig sollte das akademische Bewertungssystem so weiterentwickelt werden, dass die Veröffentlichung von Daten analog zu einer wissenschaftlichen Leistung gewürdigt wird.
5. Ethische und rechtliche Aspekte der Datennutzung
Abgestimmte Einwilligungsdokumente und Patienteninformationen, auf deren Basis Bürgerinnen und Bürger souverän über die Verwendung ihrer persönlichen Daten durch die Gesundheitsforschung bestimmen können, liegen nun vor. Die gesetzlichen Grundlagen für den Datenaustausch bei länderübergreifenden Forschungsprojekten und für die Forschung mit den Daten der elektronischen Patientenakte wurden 2020 reformiert. Diese Neuerungen sollten im Austausch mit allen betroffenen Akteuren – beispielsweise Datenschutzaufsichtsbehörden und Ethikkommissionen – mit Leben gefüllt und weiterentwickelt werden.
Aus der Verarbeitung von Gesundheitsdaten durch selbstlernende und teilautonome Systeme können wichtige Diagnosen und Therapieentscheidungen abgeleitet werden. Dabei ist aus ethischer Sicht sicherzustellen, dass stets Menschen die letzte Entscheidung treffen. Hinsichtlich der Nutzung von KI in der Versorgung sind vielfältige rechtliche und ethische Fragen zu klären.
6. Patienten in die Forschung mit Gesundheitsdaten einbinden
Das Forum empfiehlt, technische und organisatorische Instrumente zu entwickeln, die die Partizipationsmöglichkeiten von Patienten bei datenreicher Forschung gezielt stärken. Darüber hinaus sollten praxistaugliche und nutzungsfreundliche Instrumente für die Verwendung großer Datenmengen entwickelt und implementiert werden, die datenschutzrechtliche Einwilligungen studien- und standortübergreifend einholen, verwalten und rechtskonform dokumentieren.
Über das Forum Gesundheitsforschung
Dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiierten Forum Gesundheitsforschung gehören die fachlichen Spitzenvertreter der deutschen Forschungsorganisationen, der Wirtschaft und des wissenschaftlichen Nachwuchses auf dem Gebiet der Gesundheitsforschung sowie Vertreter der Patientenschaft und der Versorgungsseite an. Das Forum ermöglicht einen systematischen, organisationsübergreifenden und kontinuierlichen Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren in der deutschen Gesundheitsforschung und erarbeitet Empfehlungen zu wichtigen Fragen der Gesundheitsforschung.
Strategiepapier „Nutzbarmachung digitaler Daten für KI-und da-tengetriebene Gesundheitsforschung“
Ansprechpartnerin: Dr. Julia Hoffmann, Leiterin Forschungsplattform, Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), Tel.: 030 3465 52917, julia.hoffmann(at)dzhk.de