Dabei wird das Organ während des Transports über eine Pumpe mit einer speziellen Nähr- und Konservierungsflüssigkeit versorgt. Die neue Technik soll eine noch bessere Funktion der Spenderorgane sowie wesentlich längere Transporte ermöglichen. Nach sehr guten Ergebnissen im Tierversuch erfolgt nun der Einsatz bei menschlichen Herzen im Rahmen einer Zulassungsstudie. Die Bestätigung der Leistungsfähigkeit dieses Systems hätte für die Transplantationsmedizin erhebliche Folgen.
Video über den Einsatz des Systems bei einer Herztransplantation im DHZB
Die Zeit, in der ein Spenderorgan beim Transport zum Empfänger nicht durchblutet wird, wird als Ischämiezeit bezeichnet. Sie ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg einer Herztransplantation. Denn von allen Organen, die von Verstorbenen zur Spende entnommen werden können, nimmt das Herz am schnellsten Schaden, wenn es nicht durchblutet wird.
Bislang werden Spenderherzen meist mit einer etwa vier Grad Celsius kalten, konservierenden Lösung durchspült und in Kühlboxen transportiert. So können Gewebeschäden zunächst weitgehend zuverlässig vermieden werden. Dennoch sollte die Ischämiezeit bei Spenderherzen möglichst nicht mehr als vier Stunden betragen. Die Möglichkeiten bei der Auswahl eines passenden Organs für Menschen auf der Warteliste sind damit entsprechend eingeschränkt.
Künstliche Lunge in der Box
In Schweden wurde jetzt ein neues System entwickelt, das diese Einschränkung weitgehend aufheben könnte. Es besteht aus einem neuen Gerät zum Transport und einer speziellen Lösung zur Konservierung des Organs und wird nun im Rahmen einer internationalen Zulassungsstudie am DHZB als erster Klinik in Deutschland eingesetzt.
Das Gerät, genannt „XVIVO Heart Box“ wiegt etwa 25 Kilogramm und ist etwas größer als ein Umzugskarton. Es enthält im Wesentlichen ein Kühlsystem, eine Kreislaufpumpe und einen Oxygenator, also vereinfacht gesagt eine künstliche Lunge.
Vor dem Transport wird das Gerät mit einer neu entwickelten Nähr- und Konservierungslösung befüllt. Sie besteht unter anderem aus roten Blutkörperchen, verschiedenen Hormonen, Eiweißen und Humanalbumin, einem Protein, das im menschlichen Blut sowohl als „Transporter“ für Hormone als auch als Regulator für den osmotischen Druck dient.
Nach der Entnahme aus dem Körper der Spenderin oder des Spenders wird das Herz zunächst an die Kreislaufpumpe in der „Heart Box“ angeschlossen und dann in der Nähr- und Konservierungslösung schwimmend gelagert.
Über die Pumpe in der „Heart Box“ wird das Herz während des Transports fortlaufend mit der Lösung durchspült. Dabei werden die Herzmuskelzellen mit Hilfe des Oxygenators in der „Heart Box“ fortlaufend mit frischem Sauerstoff versorgt. Der Kreislauf wird zur zusätzlichen Konservierung des Organs auf konstant acht Grad Celsius gekühlt.
In Tierversuchen bereits erfolgreich
Im Tierversuch habe die „Heart Box“ ihre Funktionsfähigkeit bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt, sagt Herzchirurg Dr. med. Felix Hennig, der die Studie am DHZB koordiniert: „Schweineherzen nehmen außerhalb des Körpers noch schneller Schaden als Menschenherzen, dennoch war selbst nach 24-stündigem Einsatz keinerlei Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit zu erkennen.“
Das System wurde nun in Rahmen einer internationalen Studie für den Einsatz am Menschen zugelassen und am DHZB erstmals in Deutschland eingesetzt. Die Premiere war aus Sicht der Ärzt*innen ein voller Erfolg. Das Herz zeigte nach der Verpflanzung in einen 65-jährigen Berliner eine ausgezeichnete Funktionsfähigkeit. Der Patient erholt sich gut.
Außer dem DHZB beteiligen sich derzeit acht weitere Zentren an Studie. Sie ist auf mehr als 200 Einsätze ausgelegt und randomisiert, der Einsatz der „Heart Box“ erfolgt also nach dem Zufallsfaktor.
Die Entwickler*innen und ersten Anwender*innen erhoffen sich von der Studie die wissenschaftliche Bestätigung mehrerer wesentlicher Vorteile des Systems:
Anzahl in Frage kommender Spenderherzen könnte sich erhöhen
„Die Möglichkeit deutlich längerer Transportzeiten ohne Schädigung des Spenderorgans könnte die Anzahl in Frage kommender Spenderorgane für unsere Patientinnen und Patienten auf der Warteliste deutlich erhöhen“, sagt Herzchirurg DZHK-Prof. Dr. med. Christoph Knosalla, chirurgischer Leiter des Transplantationsprogramms am DHZB; „außerdem könnten wir Organe akzeptieren, die wir heute ablehnen müssen, da sie auch kürzere Transporte ohne Sauerstoffversorgung aufgrund verschiedener Faktoren nicht schadlos überstehen würden.“
Die Mediziner*innen erwarten auch einen besseren Schutz des Spenderherzens, wenn die Entnahme des erkrankten Organs bei der Empfängerin oder beim Empfänger besonders zeitaufwändig ist, etwa nach mechanischer Kreislaufunterstützung oder anderen Voroperationen, so Prof. Christoph Knosalla. Sein Fazit: „Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Ergebnisse der Studie unsere Einschätzung bestätigen werden, dass die Transplantationsmedizin hier vor einem großen Fortschritt steht."