Selbst nach einer milden SARS-CoV-2-Infektion klagen viele Menschen über anhaltende Herzbeschwerden wie verminderte körperliche Leistungsfähigkeit, Herzrasen oder Brustschmerzen – auch wenn sie nie zuvor Herzprobleme hatten. Frühere Studien mit überwiegend jungen, sportlichen Menschen zeigten bereits, dass nach einer COVID-19-Erkrankung leichte Herzentzündungen auftreten können. Nun hat ein medizinisches Wissenschaftsteam um die beiden Frankfurter Forscher 346 Personen – je zur Hälfte Frauen und Männer – im Alter zwischen 18 und 77 Jahren jeweils rund vier und elf Monate nach einer überstandenen SARS-CoV-2-Infektion untersucht.
Das Ergebnis der Studie, die auch vom DZHK finanziert wurde: 73 Prozent der Menschen klagten zu Beginn über Herzprobleme, bei 57 Prozent bestanden diese Beschwerden auch noch bis zu elf Monate nach der SARS-CoV-2-Infektion. Die betroffenen Teilnehmer und Teilnehmerinnen hatten eine zwar leichte, aber anhaltende Herzentzündung, die allerdings nicht mit strukturellen Veränderungen der Herzklappen oder Herzwände einherging. Auch der Blutspiegel an Troponin – einem Eiweiß, das bei Herzmuskelschäden ins Blut gelangt – war nicht auffällig.
Herzmuskel nicht tiefgreifend geschädigt
Dr. Puntmann erläutert: „Die Beschwerden der Patienten passen zu unseren medizinischen Befunden. Allerdings unterscheidet sich die durch das SARS-CoV-2-Virus hervorgerufene Herzentzündung offenbar von einer klassischen viralen Myokarditis, denn der Herzmuskel unserer Patientinnen und Patienten war weder tiefgreifend geschädigt noch in seiner Funktion beeinträchtigt.“ Das Krankheitsbild erinnere eher an die Befunde bei chronischen diffusen Entzündungssyndromen wie etwa Autoimmunerkrankungen, so die Wissenschaftlerin und Medizinerin: „Welche Prozesse im Körper zugrunde liegen und welche langfristigen Folgen diese Form der Herzentzündung für die Betroffenen nach einer milden COVID-Infektion hat, können wir derzeit nur schwer abschätzen. Weitere Studien werden uns hier hoffentlich Klarheit verschaffen.“
In der Studie wurde das Blut der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer untersucht, Kernspinaufnahmen des Herzens angefertigt und ihre Beschwerden anhand standardisierter Fragenbögen erfasst und bewertet. Weil die Studie auf eine ausgewählte Population von Personen beschränkt war, die sich von einer COVID-19-Infektion erholt hatten, lässt sich die Zahl der Herzmuskelerkrankungen als Folge der Infektion nicht auf die Gesamtbevölkerung hochrechnen.
Originalpublikation: Valentina O. Puntmann, Simon Martin, Anastasia Shchendrygina, Jedrzej Hoffmann, Mame Madjiguène Ka, Eleni Giokoglu, Byambasuren Vanchin, Niels Holm, Argyro Karyou,Gerald S. Laux, Christophe Arendt, Philipp De Leuw, Kai Zacharowski, Yascha Khodamoradi,Maria J. G. T. Vehreschild, Gernot Rohde, Andreas M. Zeiher, Thomas J. Vogl,Carsten Schwenke, Eike Nagel Long-term cardiac pathology in individuals with mild initial COVID-19 illness. Nature Medicine (2022)
Wissenschaftliche Ansprechpartnerin: Privatdozentin Dr. Dr. Valentina Puntmann, Universitätsklinikum Frankfurt / Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Experimentelle und Translationale Kardiovaskuläre Bildgebung, cvi-info@kgu.de
www.cardiac-imaging.org/covid19-faq.html
Quelle: Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt am Main