Mit Gentests lassen sich heute in vielen Fällen, die genetischen Ursachen von Herzerkrankungen, wie Herzmuskelschwäche, Herzrhyth-musstörungen und Herzfehlbildungen, erkennen. Über neuartige Ansätze mit der sogenannten Genschere können die zugrundeliegenden genetischen Defekte im Labor korrigiert und damit die Herzfunktion wieder hergestellt werden. Im Gegensatz zu klassischen Arzneistoffen verspricht der Einsatz der Genschere eine endgültige Reparatur des zugrunde liegenden Defekts.
Um den Genscheren-Ansatz zur Behandlung von Herzerkrankungen auch in der Klinik anwenden zu können, fördert die Leducq Foundation ein transatlantisches Exzellenznetzwerk „Editing the Faillure Heart“ an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Koordiniert wird das Netzwerk von DZHK-Wissenschaftler Prof. Dr. Wolfram-Hubertus Zimmermann, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie. Der Zusammenschluss von international führenden Gruppen im Bereich der Genomeditierung sowie Modellierung von Herzerkrankungen aus Göttingen, Großbritannien, den Niederlanden und den USA erhält 6,5 Millionen US-Dollar (5,9 Millionen Euro) über fünf Jahre, um den Weg bis in die klinische Anwendung vorzubereiten. Die Förderung durch die Leducq Foundation startet am 1. Januar 2021.
Hintergrund
Nach vielen Jahren der Forschung werden aktuell weltweit erste gentherapeutische Arzneimittel in die klinische Anwendung überführt. In den USA bereits zugelassen ist zum Beispiel die Gentherapie mit dem Medikament Zolgensma™ für die Behandlung von Kindern mit spinaler Muskelatrophie. Ein erster Genscheren-Ansatz für die Behandlung der Leberschen kongenitalen Amaurose, einer zu Erblindung führenden erblichen Sehstörung, ist seit September 2019 in der klinischen Erprobung. Die Partner des von Prof. Zimmermann koordinierten Netzwerkes haben maßgeblich zur Entwicklung von Genscherenanwendungen bei der Duchenne Muskel Dystrophie beigetragen. Eine Umsetzung in die Klinik in diesem wie auch in anderen Fällen mit genetisch bedingten Erkrankungen des Herzens scheint möglich und soll durch das neu formierte Leducq Netzwerk beschleunigt werden.
Das Forschungsvorhaben
Das Forschungsvorhaben reicht von der Identifizierung mittels Genscheren-Technologie korrigierbarer Mutationen über die Entwicklung neuer „Werkzeuge“ für die Genom-Editierung sowie präklinischer Tests von Sicherheit und Wirksamkeit bis hin zur konkreten Planung klinischer Studien. Das Netzwerk hat seine Verbundtätigkeit bereits aufgenommen.
„Wir wollen im Rahmen des Leducq-Netzwerkes die Anwendung der therapeutischen Genom-Editierung zur Behandlung von vererbbaren und nicht vererbbaren Herzerkrankungen in die Klinik bringen. Als Grundlage dafür haben wir auf dem Göttingen Campus eine Technologie-Pipeline aufgebaut, die neben der Entwicklung neuer Genscherenansätze vor allem auch die Prüfung von Sicherheit und Wirksamkeit im Menschen ermöglichen wird“, sagt Prof. Dr. Wolfram-Hubertus Zimmermann.
In dem internationalen Konsortium arbeiten Grundlagen-, Translations- und klinische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen. Das Forschungsnetzwerk bündelt Expertisen in der Identifizierung und Definition der Rolle genetischer Mutationen für Herzerkrankungen, der Entwicklung von Werkzeugen für die Genom-Editierung und Gentransfer, der präklinischen Testung von Genscheren-Ansätzen an im Labor gezüchtetem menschlichen Herzgewebe sowie in für die klinische Anwendung zentral wichtigen Tiermodellen. Aus dem Göttingen Campus ist neben der Universitätsmedizin Göttingen das Deutsche Primatenzentrum (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung beteiligt.
„Von entscheidender Bedeutung ist, dass wir gemeinsam mit unseren Netzwerkpartnern über umfangreiche Erfahrungen in der Überführung neuartiger Therapieformen in klinische Anwendungen verfügen. Um die Translation in die klinische Anwendung zu erreichen, werden wir im engen Kontakt mit den zuständigen Aufsichtsbehörden in Deutschland, Europa und den USA einen ethisch vertretbaren und sicheren Weg für eine wirksame Gen-Editierung bei Herzmuskelschwäche entwickeln“, sagt Prof. Dr. Zimmermann und ergänzt: „Darüber hinaus ermöglicht unser Zusammenschluss als Leducq-Netzwerk den wichtigen Austausch von Wissenschaftlerinnen und Klinikern zwischen unseren Gruppen. Unser Ziel ist es, eine neue Generation an Entwicklern und Anwendern der therapeutischen Genom-Editierung auszubilden, um so die Überführung dieser spannenden Entwicklung in die klinische Versorgung zu beschleunigen“.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner: Prof. Dr. Wolfram-Hubertus Zimmermann, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Universitätsmedizin Göttingen, w.zimmermann(at)med.uni-goettingen.de