Im Rahmen eines europäischen Verbundforschungvorhabens erhält Oliver Müller, Professor an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin III am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, 1,4 Millionen Euro für das Projekt „CardioReGenix: Development of Next-Generation Gene Therapies for Cardiovascular Disease”. Damit sollen neue und effizientere Therapieansätze für Herz-Kreislauf-Erkrankungen entwickelt werden.
Gefördert wird das Projekt ab Januar 2019 für fünf Jahre aus dem EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“. Die Förderungssumme teilt sich auf in 868.000 Euro für zwei wissenschaftliche Beschäftigte und 543.526 Euro für Sachmittel. Die Ausstattung für das Vorhaben stellt die Medizinische Fakultät der CAU zur Verfügung. Das Projekt wird vom kommenden Jahr an in dem Forschungsneubau 1 am Forschungs- und Lehrcampus der Fakultät umgesetzt.
Erworbene und erbliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen besser verstehen
Seit Juli 2017 bekleidet Oliver Müller die vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung finanzierte Professur für translational ausgerichtete kardiovaskuläre Forschung an der Medizinischen Fakultät der CAU mit gleichzeitiger klinischer Einbindung in die Klinik für Innere Medizin III (Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin) – unter der Leitung von Professor Norbert Frey am UKSH. Die Forschungsschwerpunkte der Arbeitsgruppe sind molekulare Veränderungen, die im Zusammenhang mit erworbenen und erblichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen, sowie die Entwicklung neuer Therapieansätze.
„Meine Arbeitsgruppe wie auch die Partner des EU-Konsortiums haben eine Reihe vielversprechender Zielstrukturen für die Behandlung von Herzinsuffizienz und Durchblutungsstörungen gefunden, die auf der Ebene der Genregulation ansetzen“, sagt Müller. „Dank der EU-Förderung können wir die komplexen Techniken weiterentwickeln, die erforderlich sind, um diese experimentellen Therapieansätze in eine zukünftige klinische Anwendung zu überführen.“
Um das zu erreichen, wird der europäische Forschungsverbund künftig seine Expertise bündeln. Sie planen, sogenannte AAV-Gentransfervektoren so zu verbessern, dass Patientinnen und Patienten, die etwa an Herzinsuffizienz und koronaren Herzerkrankung leiden, besser behandelt werden können. Vor allem die bislang problematische, immunologische Verträglichkeit soll dabei verbessert werden. Gegen Ende der Projektlaufzeit sollen dann die Werkzeuge bereitstehen, mithilfe derer bestehende und im Rahmen des EU-Konsortiums „CardioReGenix“ entwickelte Therapieansätze in klinischen Studien untersucht werden können.
Sicherheits-Shuttles für Gene
AAV-Gentransfervektoren sind von ungefährlichen Adeno-assoziierten Viren abgeleitete Gentransfer-Shuttles, in denen die Erbinformation des Virus durch eine therapeutisch nutzbare genetische Information ersetzt wird. Durch die Eigenschaften der Eiweißhülle des Ausgangsvirus ist es mit AAV-Gentransfervektoren möglich, genetisches Material über einen langen Zeitraum in Körperzellen einzubringen, in denen wichtige Gene fehlen oder verändert sind. Sie bieten zudem den Sicherheitsvorteil, dass der Gentransfer nicht zu einem Einbau des genetischen Materials in das Erbgut der Zellen führt. Somit kann kein Übergang in die Keimbahn und damit keine Übertragung des eingebrachten genetischen Materials an Nachkommen, stattfinden.
Wegen ihrer eingeschränkten Effizienz und hoher Herstellungskosten wurden AAV-Gentransfervektoren bisher schwerpunktmäßig nur in Patientinnen und Patienten mit schweren und seltenen angeborenen Erkrankungen eingesetzt. So ist es kürzlich gelungen, durch Transfer mit AAV-Vektoren bisher unheilbare angeborene neuromuskuläre Erkrankungen zu behandeln. Auch bei der Bluterkrankheit (Hämophilie) gab es schon vielbeachtete Erfolge durch einen effizienten therapeutischen Transfer von genetischem Material in die Leber.
Bei Herz-Kreislauferkrankungen ist die Effizienz eines therapeutischen Gentransfers mit AAV-Gentransfervektoren allerdings sehr eingeschränkt. Der Grund dafür ist die zu geringe Aufnahme der Vektoren in Herzmuskelzellen und insbesondere in Zellen der Gefäßwand. „Exemplarisch möchten wir im Verlauf die verbesserten AAV-Gentransfervektoren zur Reduktion der Gefäßentzündung bei Atherosklerose einsetzen, die – wie die Herzinsuffizienz – aktuell nur unzureichend behandelbar ist“, erklärt Müller.
Quelle: Newsportal der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)