Rund 70 Prozent der Patienten mit einer Herzschwäche haben eine Insulinresistenz. Das Hormon Insulin sorgt im Körper dafür, dass Zucker aus dem Blut in die Zellen gelangt, vor allem in die Muskel-, Fett- und Leberzellen. Sind Zellen insulinresistent, ist ihr Energiestoffwechsel gestört. Zucker, aber auch Fette, werden nicht mehr gut aufgenommen und genutzt. Davon sind auch die Herzmuskelzellen betroffen. „Mit unserer Studie wollen wir überprüfen, ob über einen verbesserten Energiestoffwechsel die Effizienz des Herzens bei Herzschwäche-Patienten wieder gesteigert werden kann“, sagt Studienleiter und DZHK-Wissenschaftler Professor Dr. Dr. Wolfram Döhner von der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Dafür erhalten die Herzschwäche-Patienten 24 Wochen lang den Arzneistoff Metformin. Es verbessert die Insulinsensitivität der Zellen und somit auch ihre Fähigkeit, Zucker aufzunehmen und daraus Energie zu gewinnen.
Zurzeit wird die Insulinresistenz bei Herzschwäche-Patienten nicht behandelt. Häufig wird sie auch nicht erkannt, da sie bei Routineuntersuchungen nicht auffällt. Aus einer Insulinresistenz kann sich, oft erst Jahre später, ein Diabetes mellitus Typ 2 entwickeln, die Zuckerkrankheit. Sie kommt bei Herzschwäche-Patienten mit bis zu 40 Prozent deutlich häufiger vor als in der übrigen Bevölkerung und verschlechtert die Prognose zusätzlich.
Teufelskreis durchbrechen
„In der Studie METRIS-HF-DZHK18 versuchen wir, den Teufelskreis der sich stetig verschlimmernden Herzschwäche an einer anderen Stelle zu durchbrechen als die bisherigen Therapien“, erläutert Döhner. Bei einer Herzschwäche kann das Herz den Körper nicht mehr mit ausreichend Blut versorgen. Um die schlechte Versorgung zu kompensieren, erhält das Herz aus dem Körper ständig Signale, dass es schneller pumpen muss. Das ohnehin geschwächte Herz wird dadurch zusätzlich strapaziert und seine Muskelzellen weiter geschädigt. Genau hier setzen die bisherigen Therapien an: ACE-Hemmer und Betablocker durchbrechen diese Signalkette der neuroendokrinen (Stress-) Faktoren und lassen das Herz genauso schnell schlagen wie bisher. Der Körper gewöhnt sich dann mit der Zeit daran, dass weniger Blut zur Verfügung steht. Auch Diuretika, die Herzschwäche-Patienten erhalten, entlasten das Herz, allerdings indem sie das Blutvolumen reduzieren.
Mit Metformin greifen die Forscher hingegen einen Schritt vor der geschwächten Pumpfunktion direkt den Energiestoffwechsel der Herzmuskelzellen an. „Wir verbessern damit den Energiestoffwechsel der Herzmuskelzellen und hoffen, dass mit der gestiegenen Energieversorgung auch wieder die Kraft der Zellen sich zu kontrahieren und zu pumpen zunimmt“, erklärt Döhner. Der Körper würde dann wieder mehr Blut erhalten und die negativen Rückmeldungen ans Herz, die alles weiter verschlimmern, würden nachlassen. Grundsätzlich ist das Konzept des Energiedefizits des Herzmuskels bei Herzschwäche nicht neu. Mit der Behandlung der Insulinresistenz wird hier aber erstmals ein Mechanismus zur Verbesserung der Energieeffizienz der Muskelzellen mit einem gut etablierten Arzneistoff untersucht.
Gute Ergebnisse bei Herzschwäche-Patienten mit Diabetes Typ 2
Grundlage für den Studienansatz sind Beobachtungen zur Gabe von Metformin bei Patienten mit Herzschwäche und Diabetes mellitus Typ 2. Mit Metformin starben 13 Prozent weniger Patienten, außerdem sanken auch die Krankenhausaufenthalte. Allerdings gib es noch keine kontrollierten klinischen Studien, die diese Ergebnisse belegen. Ebenso gibt es nur sehr wenige Daten, die die zugrunde liegenden Mechanismen der positiven Metformin-Wirkung genauer untersuchen.
Deshalb überprüfen die Wissenschaftler in der METRIS-HF-Studie die Wirkung von Metformin auf mehreren Ebenen: Zum einen messen sie im Magnetresonanztomographen (MRT), ob der Herzmuskel wieder stärker kontrahieren und damit besser pumpen kann. Auch verschiedene Stoffwechselaspekte werden mit der MRT-Untersuchung erfasst. „Aber wir schauen uns auch die systemischen Effekte an, also wie sich Metformin auf die Muskulatur insgesamt auswirkt, ebenso auf den Fett- und Zuckerstoffwechsel“, sagt Döhner. Außerdem betrachten die Wissenschaftler die Leistungsfähigkeit der Patienten, zum Beispiel mit dem 6-Minuten-Gehtest, körperlichen Untersuchungen und beurteilen die Lebensqualität.
Sollte sich zeigen, dass Metformin tatsächlich die Funktionsfähigkeit des Herzens und damit die Beschwerden bei Herzschwäche-Patienten verbessert, dann wird sich daran eine weitere größere klinische Studie anschließen. „Wenn die Hypothesen der Studie bestätigt werden, können wir damit eine ganz neue Therapiemöglichkeit für die Behandlung der Herzschwäche entwickeln“, so Döhner.
Ab Herbst werden Patienten gesucht
Geplanter Start der METRIS-HF-Studie ist Herbst 2018. Gesucht werden zunächst Patienten mit einer chronischen Herzschwäche, die medikamentös bereits gut eingestellt sind. Vier Standorte der Charité – Universitätsmedizin Berlin beteiligen sich an der Studie: Campus Mitte, Campus Benjamin-Franklin, Campus Virchow-Klinikum und Campus Berlin-Buch. Interessierte Patienten können sich telefonisch unter 030 450 560 414 melden.
Studie: Effect of Metformin in insulin resistant patients with heart failure with reduced ejection fraction METRIS-HF-DZHK18
Studienleiter: Professor Dr. Dr. Wolfram Döhner, Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und Klinik für Kardiologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, wolfram.doehner(at)charite.de
Kontakt: Christine Vollgraf, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), Tel.: 030 3465 529 02, presse(at)dzhk.de