Wissenschaftler des DZHK-Standortes Greifswald haben zwei Gene entdeckt, die bei Diabetikern das Risiko für eine vermehrte Eiweißausscheidung im Urin erhöhen. Die übermäßige Ausscheidung von Eiweißen im Urin, insbesondere von Albumin, ist ein Zeichen für eine fortschreitende Nierenerkrankung. Die Ergebnisse der Mega-Studie wurden am 02. Dezember 2015 online im Fachmagazin Diabetes veröffentlicht.
An der Mega-Studie war ein internationales Team von mehr als 120 Wissenschaftlern beteiligt, die im CKDGen-Konsortium zusammengeschlossen sind. Zu ihnen gehören auch Forscher der Universitätsmedizin Greifswald.
Im Rahmen der Studie wurden die genetischen Informationen von mehr als 50.000 Teilnehmern aus 30 Studien weltweit ausgewertet. Die beiden identifizierten Gene wurden durch eine genomweite Analyse entdeckt und standen bisher noch nicht im Zusammenhang mit Nierenerkrankungen beim Menschen. Im Laufe der Evolution können in Genen zufallsbedingt erbliche Modifikationen auftreten. Es wurde festgestellt, dass pro beobachteter Modifikation in den identifizierten Risikogenen sich der durchschnittliche Anteil von Albumin im Urin bei Diabetikern um bis zu 21 Prozent erhöhte. Dieses genetische Risiko fehlt indes vollständig bei Nicht-Diabetikern und ist somit ein nachgewiesenes Beispiel einer Gen-Umwelt-Interaktion. Der genetische Zusammenhang konnte auch gezielt in einem Experiment an Ratten bestätigt werden.
Die gewonnenen Erkenntnisse zielen auf ein besseres Verständnis der Krankheitsmechanismen und die-nen als Ausgangspunkt für neue Therapieansätze der spezifischen Nierenfehlfunktion bei Diabetikern (diabetische Nephropathie). Bisher konnte keine effektive Therapie für diese Nierenerkrankung gefunden werden. Die fortschreitende Nierenerkrankung geht mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einher und kann letztendlich zu einem Nierenversagen führen. Besonders bei Menschen mit langjährigem Diabetes mellitus tritt gehäuft diese Nierenfehlfunktion auf.
In die aktuelle Studie flossen genetische Daten aus Greifswald von mehr als 5.000 Menschen mit ein. Sie bestätigten deutlich die Studienergebnisse. „Neben den Greifswalder Bevölkerungsstudien SHIP und SHIP-TREND konnten wir erstmals auch genetische Daten aus der Patientenkohorte GANI_MED (Greifswald Approach to Individualized Medicine) mit einbringen", freut sich Prof. Karlhans Endlich, der die Nierenkohorte in GANI_MED koordiniert. Dr. Alexander Teumer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universitätsmedizin Greifswald und dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. (DZHK) sowie einer der führenden Autoren dieser Studie lobt die sehr gute Zusammenarbeit in dem internationalen Konsortium: „Unsere Arbeit ist ein weiterer Meilenstein in der erfolgreichen Zusammenarbeit eines internationalen, fachübergreifenden Forscherteams aus Analytikern, Medizinern und Biologen. Besonderer Dank gilt auch den vielen tausend freiwilligen Studienteilnehmern.“
Weitere Informationen
CKDGen-Konsortium –Das Forschungskonsortium CKDGen (Chronic Kidney Disease Genetics) ist ein Zu-sammenschluss auf Kooperationsbasis von weltweit führenden epidemiologischen Studien und erforscht maßgeblich den genetischen Hintergrund chronischer Nierenerkrankungen. Die Forschungsarbeit des Konsortiums wird von Caroline Fox (Harvard Medical School, Boston, USA) und ab 2016 von Anna Köttgen (Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland) zusammen mit Cristian Pattaro (Europäische Akademie Bozen (EURAC), Bozen, Italien) koordiniert.
Ansprechpartner
Dr. Alexander TeumerUniversitätsmedizin GreifswaldInstitut für Community Medicine, Abteilung SHIP-KEFWalther-Rathenau-Str. 48, 17475 GreifswaldTel.: +49 (0)3834 86-19579ateumer@uni-greifswald.de