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Pressemitteilungen

Diabetes-Medikament hilft bei Herzschwäche


Prof. S. Sossalla arbeitet mit menschlichen Herzmuskelzellen, um die Auswirkungen des Wirkstoffs Empagliflozin auf die Herzfunktion zu untersuchen. | © Professor Samuel Sossalla


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Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) konnten erstmals zeigen, dass Empagliflozin, ein Diabetes-Medikament, direkt den menschlichen Herzmuskel beeinflusst und die Herzfunktion verbessert. Die Ergebnisse geben Hoffnung für die Therapie der Herzschwäche mit erhaltener Pumpfunktion. Für diese Erkrankung gibt es derzeit keine Behandlung, die an den Ursachen ansetzt.

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Der Wirkstoff Empaglifozin ist in Deutschland für die Behandlung des Diabetes mellitus Typ II bei Erwachsenen zugelassen. In einer großen klinischen Studie, der EMPA-REG OUTCOME-Studie, wurde die Wirkung von Empaglifozin bei Diabetes-Patienten untersucht, bei denen außerdem eine Herz-Kreislauf-Erkrankung vorlag. Überraschenderweise reduzierte Empagliflozin in dieser Studie sowohl die Sterberate insgesamt, als auch die Anzahl der durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachten Todesfälle um jeweils mehr als 30 Prozent. Außerdem sank die Anzahl der Krankenhausaufenthalte aufgrund einer Herzschwäche um 35 Prozent.

Diese positiven Effekte zeigten sich schon nach zwei Monaten und waren für Professor Samuel Sossalla von der Universitätsmedizin Göttingen und vom Universitätsklinikum Regensburg Anlass anzunehmen, dass etwas direkt am Herzmuskel passiert und sich diesen genauer anzuschauen. „Würde Empagliflozin indirekt wirken und sekundäre Risikofaktoren beeinflussen, etwa den Blutdruck oder Cholesterinwerte, würde es Jahre dauern, bis man einen Effekt sieht“, sagt DZHK-Wissenschaftler Sossalla.

Entspannung im Herzmuskel verbessert

Er und seine Mitarbeiter haben mit explantierten menschlichen Herzen gearbeitet, die Herzschwäche-Patienten entnommen wurden, wenn sie ein Spenderherz erhielten. Genauer gesagt an daraus präparierten Muskelstreifen, die man sich wie ein schlagendes Stück Herz im Labor vorstellen kann. „Wenn wir diese Herzmuskelstreifen mit Empagliflozin behandelt haben, verbesserte sich die Entspannungsfähigkeit des Herzmuskels “, sagt Dr. Steffen Pabel, Postdoc in der Arbeitsgruppe von Sossalla. „Die Schlagkraft des Herzens, also seine Fähigkeit sich zu kontrahieren, blieb hingegen unverändert.“ Die Wirkung von Empagliflozin auf die Entspannungsfähigkeit war dabei unabhängig davon, ob zusätzlich eine Diabetes-Erkrankung vorlag oder nicht.

Die Entspannungsfähigkeit des Herzens ist bei Patienten mit Herzschwäche mit erhaltener Pumpfunktion beeinträchtigt. Die Hälfte aller Herzschwäche-Patienten leidet an dieser Form der Herzschwäche. Dabei ist die linke Herzkammer so verdickt und steif, dass sie sich in der sogenannten diastolischen Phase nicht mehr ausreichend weiten und mit Blut füllen kann. Dadurch gelangt bei der anschließenden Kontraktion des Herzens, der systolischen Phase, nicht mehr genügend sauerstoffreiches Blut in den Körper. Für diese Herzschwäche gibt es zurzeit keine Therapien, die die Ursachen der Erkrankung bekämpfen. Medikamente können lediglich die Beschwerden der Patienten mildern.

Zurück ins Labor

Mit seiner Arbeitsgruppe konzentriert sich Sossalla auf translationale Projekte, also Arbeiten, die dazu beitragen, dass Ergebnisse aus dem Labor auch tatsächlich bei den Patienten ankommen. „Hier haben wir es jetzt mit dem umgekehrten Weg zu tun“, sagt Sossalla. „Ergebnisse aus der Klinik führen zurück ins Labor, um die beobachtete Wirkung überhaupt zu verstehen.“ Der Vorteil der in vitro Untersuchungen im Gegensatz zu klinischen Studien mit Patienten, liegt für ihn klar auf der Hand: „An isolierten Herzmuskelzellen können wir sehen, ob der Herzmuskel direkt beeinflusst wird. Auswirkungen auf das Herz, die bei Patienten beobachtet werden, könnten auch immer indirekte Effekte sein.“ Die an den menschlichen Herzmuskelstreifen beobachtete Wirkung von Empagliflozin konnten er und seine Mitarbeiter auch an Herzen von Mäusen mit und ohne Diabetes bestätigen.

Molekulare Erklärung

Bei der Herzschwäche mit erhaltener Pumpfunktion sind an bestimmte kontraktile Proteine des Herzmuskels signifikant weniger Phosphatgruppen angehängt als in einem gesunden Herzen. Bei ihren Untersuchungen zum Wirkungsmechanismus konnten die Wissenschaftler zeigen, dass sich direkt nach der Gabe von Empagliflozin die Phosphorylierung genau dieser kontraktilen Proteine wieder deutlich erhöhte. „Diese erstmals nachgewiesene Wirkung von Empagliflozin erklärt, warum die Entspannungsfähigkeit des Herzmuskels wieder zunimmt“, so Pabel. Einen anderen denkbaren Mechanismus für die erhöhte Entspannungsfähigkeit, die Veränderung der Konzentration von Kalzium-Ionen im Herzmuskel, konnten die Forscher experimentell ausschließen. Denn nach der Gabe von Empagliflozin veränderte sich diese Konzentration in isolierten menschlichen Herzmuskelzellen nicht.

An sogenannten Stammzell-Herzmuskelzellen, die über Monate im Labor kultiviert werden können, will die Arbeitsgruppen von Sossalla nun mehr über den Wirkungsmechanismus herausfinden und auch darüber, wie Empagliflozin langfristig wirkt. Denn bis jetzt haben sie nur den akuten Effekt beobachtet – länger als 48 Stunden überleben isolierte Herzmuskelzellen im Labor nicht.


Originalarbeit: Empagliflozin Directly Improves Diastolic Function in Human Heart Failure. Pabel, S., Wagner, S., Bollenberg, H., Bengel, P., Kovacs, A., Schach, C., Tirilomis, P., Mustroph, J., Renner, A., Gummert, J., Fischer, T., Van Linthout, S., Tschope, C., Streckfuss-Bomeke, K., Hasenfuss, G., Maier, L. S., Hamdani, N. & Sossalla, S. European journal of heart failure, (2018). DOI: 10.1002/ejhf.1328


Kontakt: Christine Vollgraf, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), Tel.: 030 3465 529 02, presse(at)dzhk.de

Prof. Dr. Samuel Sossalla, Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II & Universitätsmedizin Göttingen (UMG) Herzzentrum – Klinik für Kardiologie und Pneumologie
samuel.sossalla(at)ukr.de