Bei jedem Herzschlag wird das Herz natürlicherweise elektrisch erregt und die Erregung anschließend wieder zurückgebildet. Bei Herzschwäche (Kardiomyopathie) aufgrund einer Durchblutungsstörung (Ischämie) oder auch aufgrund anderer nicht-ischämischer Ursachen kommt es häufig zu einer Fehlfunktion des autonomen Nervensystems des Herzens. Folge ist eine Destabilisierung der Erregungsrückbildung des Herzens. Dies kann zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen. Eine direkte Messung der autonomen Aktivität am Herzen ist aufgrund der Invasivität als klinische Untersuchungsmethode nicht möglich. Autonome Steuerungsprozesse können aber indirekt durch Muster (Biosignale) im EKG charakterisiert werden.
Die EKG-basierte Biosignalanalyse hat sich in den letzten Jahren als Standardverfahren zur Identifizierung von HochrisikopatInnen mit ischämischer und nicht ischämischer Herzerkrankung etabliert. Allerdings, war bis dato nicht bekannt, wie man die durch Biosignalanalyse identifizierten HochrisikopatInnen präventiv behandeln kann. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und des LMU Klinikums konnten in zwei großen klinischen Studien belegen, dass die EKG-basierte Biosignalanalyse nicht nur zur Identifizierung von Hochrisikogruppen führen kann, sondern darüber hinaus auch zur individualisierten Festlegung präventiver diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen genutzt werden kann.
Die SMART-MI-DZHK9-Studie war eine multizentrische, offene, klinische, randomisierte Studie, die durch das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) gefördert wurde und am LMU-Klinikum unter der Leitung von Prof. Dr. A. Bauer und Prof. Steffen Massberg initiiert wurde. An der SMART-MI-DZHK9 Studie nahmen 32 Herzzentren in Deutschland und ein Zentrum in Innsbruck, Österreich, teil. In die Studie eingeschlossen wurden PatientInnen nach überstandenem Herzinfarkt, deren Herzleistung noch erhalten war, die jedoch Infarkt-bedingte Dysfunktion des autonomen Nervensystems des Herzens aufwiesen. In der SMART-MI-Studie untersuchten die Forscher aus München und Innsbruck, ob durch den Einsatz von implantierbaren kardialen Monitoren eine effektivere Erkennung therapierelevanter Herzrhythmusstörungen in der Hochrisikogruppe von Patienten mit autonomer Dysfunktion gelingt.
Der unter die Haut implantierte Herzmonitor ist so klein wie ein Fingernagel. Es handelt sich dabei um ein passives Gerät, das elektrische Information des Herzens kontinuierlich über mehrere Jahre aufzeichnet. Gefährliche Rhythmusstörungen werden automatisch erkannt und telemetrisch an ein Zentrum übermittelt. Die Ergebnisse wurden erstmals im August 2021 auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie im Rahmen einer Hotline-Session präsentiert und jetzt vom Fachjournal Lancet Digital Health publiziert: Der implantierbare Monitor spürte innerhalb von 21 Monaten bei 60 von 201 PatientInnen schwere, meist jedoch asymptomatische Rhythmusereignisse auf. In der Kontrollgruppe, die aus 199 Herzinfarkt-PatientInnen ohne Telemonitoring bestand, konnten im Rahmen der üblichen Nachsorge im selben Zeitraum lediglich zwölf derartiger Ereignisse entdeckt werden
Im Gegensatz zu PatientInnen nach überstandenem Herzinfarkt ist die Identifizierung von Hochrisikogruppen bei PatientInnen mit nicht-ischämisch bedingter Herzschwäche besonders herausfordernd. Die DANISH-Studie (Defibrillator Implantation in patients with Non-ISchemic Heart-failure) war die größte klinische, randomisierte Studie, die bei 1.116 PatientInnen mit Herzinsuffizienz nicht-ischämischer Genese die Wirksamkeit der primärprophylaktischen Implantation eines Defibrillators untersucht hat. Die Studie konnte belegen, dass die vorsorgliche Implantation eines Defibrillators hinsichtlich der 8-Jahres-Gesamtmortalität der PatientInnen nicht vorteilhaft war.
Die Wissenschaftler des LMU-Klinikums in Kooperation mit Wissenschaftlern der Medizinischen Universität Innsbruck und der Universität Kopenhagen konnten mittels EKG-basierter Biosignalanalyse eine neue Subgruppe der DANISH-Studie identifizieren, bei denen die Implantation eines Defibrillators mit einer signifikanten 46%-igen Mortalitätsreduktion verbunden war. Die Arbeit ist vor kurzer Zeit in der Fachzeitschrift Circulation publiziert worden.