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Ausstieg aus fossilen Brennstoffen könnte mehr als fünf Millionen Todesfälle verhindern


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Nach aktuellen Schätzungen ist die Sterblichkeitsrate durch Luftverschmutzung von fossilen Brennstoffen deutlich höher als bisher angenommen – Ein rascher Umstieg auf saubere erneuerbare Energiequellen hätte großen, positiven Einfluss auf die öffentliche Gesundheit.

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Eine Studie liefert neue Argumente für den raschen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe. Ein internationales Wissenschaftsteam ermittelte die Belastung durch Luftverschmutzung und ihre gesundheitlichen Auswirkungen. Die Zuordnung der Gesamtsterblichkeit und der krankheitsspezifischen Sterbefälle zu bestimmten Emissionsquellen zeigt, dass durch den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe weltweit etwa fünf Millionen zuschreibbarer Todesfälle pro Jahr vermieden werden könnten. Das Team nutzte dazu sowohl ein aktualisiertes Atmosphärenchemie-Modell sowie ein neu entwickeltes Modell, um das relative Gesundheitsrisiko zu bestimmen, als auch aktuelle Satellitendaten zu Feinstaub.

Die Studie von Forschern des Max-Planck-Instituts für Chemie (Deutschland), der London School of Hygiene & Tropical Medicine (Vereinigtes Königreich), der University of Washington (USA), des Barcelona Institute for Global Health (Spanien) und der Universitätsmedizin Mainz (Deutschland), ein Partner im DZHK, wurde gestern im British Medical Journal (BMJ), einer renommierten medizinischen Fachzeitschrift, veröffentlicht.

Luftverschmutzung ist nach wie vor eine der größten Gefahren für die öffentliche Gesundheit. Frühere Schätzungen der zurechenbaren Sterblichkeitslast - der sogenannten Übersterblichkeit – variieren erheblich, was in erster Linie auf unterschiedliche Annahmen zum Zusammenhang von Exposition und Wirkung sowie den berücksichtigten Todesursachen zurückzuführen ist. Darüber hinaus haben nur wenige globale Studien die Sterblichkeit auf bestimmte Luftverschmutzungsquellen zurückgeführt. Dies holt das Forscherteam unter der Leitung von Jos Lelieveld und Andrea Pozzer vom Max-Planck-Institut für Chemie und Andy Haines von der London School of Hygiene & Tropical Medicine nach. Die Studie bewertet die Folgen, die der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe auf die Luftverschmutzung und somit auf die krankheitsspezifische Mortalität und die Gesamtsterblichkeit hätte.

„Wir schätzen, dass weltweit etwa 5,1 Millionen zuschreibbarer Todesfälle pro Jahr auf Luftverschmutzung durch die Nutzung fossiler Brennstoffe zurückzuführen sind. Diese könnten durch den Umstieg auf saubere, erneuerbare Energiequellen vermieden werden", erklärt der Atmosphärenchemiker Jos Lelieveld, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie.

Die meisten zuzurechnenden Todesfälle (52%) hängen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammen. Dies sind insbesondere ischämische Herzerkrankungen (30 %), die die Durchblutung des Herzens stören und zu Herzinfarkten führen können. Schlaganfall und chronisch obstruktive Lungenerkrankung machen jeweils etwa 16 % aus, Diabetes etwa 6 %. Etwa 20 % waren undefiniert, dürften aber teilweise mit Bluthochdruck und neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson zusammenhängen.

Die Ergebnisse basieren auf Daten der Global Burden of Disease Studie von 2019, satellitengestützten Feinstaub- und Bevölkerungsdaten und relativen Risikomodellierungen, die das Verhältnis zwischen Schadstoffexposition und gesundheitlicher Wirkung abbilden. Darüber wird die krankheitsspezifische Sterberate und die Gesamtmortalität, die auf eine Langzeitbelastung mit Feinstaub (PM2,5) und Ozon (O3) zurückzuführen sind, den Emissionsquellen zugeordnet.

„Luftverschmutzung verursacht und verschlimmert Herz-Kreislauf-Erkrankungen, was insbesondere die Anfälligkeit des Herz-Kreislauf-Systems für Feinstaub zeigt. Daher ist es von größter Bedeutung, die Luftverschmutzung als bedeutenden kardiovaskulären Risikofaktor anzuerkennen, zum Beispiel in den ESC- und AHA/ACC-Leitlinien für Prävention, ischämische Herzkrankheiten und Schlaganfall", erklärt der Kardiologe und Koautor Thomas Münzel von der Universitätsmedizin Mainz.

Studienaufbau: Atmosphärische Modellierungsmethode teilt Luftverschmutzung in Kategorien ein

Basis für die Berechnung von gasförmigen und partikelförmigen Luftschadstoffen ist ein datengestütztes globales Atmosphärenmodell. Indem die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die unterschiedlichen Quellen der Luftverschmutzung per Computersimulation nacheinander ausschalteten, ermittelten sie emissionsspezifisch die anteiligen Änderungen der PM2,5-Werte.
„Wir haben für vier verschiedene Szenarien bestimmt, um wie viel sich durch fossile Brennstoffe verursachte Emissionen vermindern würden", erklärt Andrea Pozzer, Gruppenleiter am Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie. Im ersten Szenario werden die Quellen schrittweise ausgeschaltet. Das zweite und dritte Szenario gehen jeweils von einer 25- bzw. 50-prozentigen Reduzierung aus. Laut dem vierten Szenario schließlich gibt es keinerlei anthropogene, sondern nur natürliche Emissionen wie zum Beispiel Wüstenstaub und Ruß aus natürlichen Waldbränden.

Die Szenarien zeigen, dass das Verhältnis zwischen Schadstoff-Exposition und gesundheitlicher Wirkung annähernd linear ist. Daraus schlussfolgert das Wissenschaftlerteam, dass jegliche Verringerung der Emissionen aus fossilen Brennstoffen die Zahl der zurechenbaren Todesfälle erheblich senken kann.

„Wenn fossile Brennstoffe durch einen gerechten Zugang zu sauberen erneuerbaren Energiequellen ersetzt würden, wäre Luftverschmutzung kein bedeutendes umweltbedingtes Gesundheitsrisiko mehr", betont der Epidemiologe Andy Haines, Professor für Umweltveränderungen und öffentliche Gesundheit an der London School of Hygiene & Tropical Medicine. „Angesichts des Ziels des Pariser Klimaabkommens, bis 2050 klimaneutral zu sein, würde der Ersatz fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energiequellen rasche Vorteile für die öffentliche Gesundheit und das Klima mit sich bringen.“

Originalublikation: Air pollution deaths attributable to fossil fuels: observational and
modelling study
(Lelieveld et al., 2023)

Quelle: Pressemitteilung Max-Planck-Institut für Chemie